Frühwerk
„Malerei als buntes Denken“
Als erstes lässt sich sagen: die Bilder bleiben interessanter und konsequenter Weise total flach: ein plastisches Leben findet sich tatsächlich nur in Staudingers Plastik selbst, nicht in seinen Bildern. Man könnte aufgrund dieser Flachheit sogar behaupten, dass die Bilder überhaupt wesentliche Merkmale der Malerei leugnen. Die Figuren sind zum Beispiel nicht malerisch, sondern rein zeichnerisch umgesetzt. Die Bilder geben vor, Bilder zu sein, gemalte Bilder, keine Graphik, aber es gibt dennoch nur angemalte Flächen, keine malerischen Flächen. Trotzdem möchten wir jetzt annehmen, dass wir in diesen Bildern nicht nur eine rein illustrative Angelegenheit vorfinden, sondern ein Kunstwerk mit einer Absicht. Die Frage ist daher: wohin führt uns die Betrachtung dieser Bilder? Dieser Frage muss man hier nachgehen. Malerei Die Malerei ist heute - wenn überhaupt noch in einem Kunstfeld zulässig - in den Sphären der Ironie zuhause: Das bedeutet, dass ein Bild, ein Malwerk in ironischer Distanz zu sich selber gehen muss: ein Bild etwa kann nur dann gut (= Kunst) sein, wenn es z.B. das normale Bildgrössenmass, - also zum Beispiel das klassische Wohnzimmerbild - verlässt. Kleine Bilder können daher gar keine malerische Großtat sein. Wenn sie aber winzig klein sind - sagen wir mal so klein wie eine Streichholzschachtel - oder aber wenn sie riesengroß sind - sagen wir 4 x 3 Meter - so sind wir unabhängig vom restlichen Kontext fast sicher, dass es sich um ein ernst zu nehmendes, zeitgenössisches malerisches Werk handelt. Die Pop Art Künstler wie Andy Warhol oder Roy Lichtenstein sind die Vorreiter dieser ironischen Sicht auf die Kunst: sie suchten mit Akribie banale Bilder und verwandelten sie in Kunstwerke. Diese Künstler erfanden solcherart Bilder im klassischen Sinn, aber eben mit dem Ausdrucksmittel der Popart, z.B. dem Siebdruck. Auch zeitgenössische Pop Art Künstler wie Alex Katz arbeiten so: Äußerst banale Bildthemen werden mit äußerst banalem Personal gefüllt; durch diese ironische Geste entsteht eine poetische Note. Die Bilder von Axel Staudinger mit ihren Mann/ Frau Situationen, den geschlechtlichen Anspielungen, schauen zwar auch wie Pop Art aus, sind jedoch keine Pop Art. Wir sehen zwar einen comichaften Duktus und dieser Duktus ist stilistisch sicher aus der Pop Art entlehnt, wird aber hier ohne die Mittel der Pop Art umgesetzt, sondern mit den Mitteln der Malerei gelöst. Hierin liegt ein bedeutender Unterschied. Denken wir an Picasso: er hat vielleicht 10.000 Bilder gemalt, das Sujet war für ihn fast immer nebensächlich. Hier ist es umgekehrt: hier ist die Malerei im Hintergrund und das Sujet steht im Vordergrund. Dadurch wird die Malerei ausgeschaltet und ist eigentlich nicht mehr existent. Die Bilder haben eine malerische Scheintiefe, genauso gut könnte es sich um Computergrafik handeln. Am ehesten erinnern die Bilder daher an die deutschen Expressionisten wie Ernst Haeckel, die ja teilweise ihre Bilder um die Wette gemalt haben nach dem Motto: wer ist schneller fertig. Malerei wird in diesem expressiven Sinn zum Ausschuss, zur reinen Werkskizze: Malerei als buntes Denken, im Falle von Staudinger als buntes Nachdenken über Plastik.
Text: Dipl.Ing.Dr. Klaus-Jürgen Bauer, aus: „Malerei als buntes Denken“ Vortrag über Axel Staudinger, Galerie OHO, Oberwart, 2003
So sehr letztgenannte Schaffende ständig bemüht sind, ihre künstlerischen Ausdrucksmittel zu erweitern, zu perfektionieren und aufgrund des technischen Zuganges weltweit zu verbreiten, sowenig trifft das auf Künstler wie AxelStaudinger zu. „Dieser Rückzug“, wieder WolfgangDrechsler, „ auf die klassischen Kunstgattungen geht auch einhermit einer Wiederaufnahme klassischer Themen, wie Stillleben,Landschaft, Akt oder Porträt.
Dabei handelt es sich um keine analytische, philosophisch hinterfragende Beschäftigung mit der realen Welt, sondern eher um den sehr privaten, persönlichen Versuch, sich der eigenen näheren Umgebung bewusst zu werden, gleichsam staunend über die kleinenDinge des Lebens.
“ Auf diese Polarität in der Kunstweltmacht auch Kristian Sotriffer aufmerksam, wenn er darauf hinweist, dass ein freier Künstler nicht nur jener sei,der sich außerhalb einer ihn tragenden Gesellschaft bewegt, sondern dass er selbst die Wahl habe zu entscheiden,wem er dienen will.
Und er stellt dann ebenso zwei große “Kunstanschauungsblöcke unseres Jahrhunderts nebeneinander, eben jenen, deren Proponenten „nur noch Ideen ,bestenfalls rudimentär zur Darstellung gebracht, auf einen imaginären' Markt“ werfen, während die anderen“ das eben verlassene Atelier wieder bezogen und sich Orientierungspunkte verschafft haben, an deren Wiederkehr zeitweise niemand mehr glauben mochte.
“Nun ist Axel Staudinger ohne Zweifel der zweiten Gruppevon Künstlern zuzuordnen, mit der Einschränkung, daß er sein Atelier nie verlassen hat, sondern immer schon, ohne Anschluss an derzeit forcierte Kunstströmungen - welche ihr Beschäftigungsfeld auf sozio-kulturelle Phänomene bzw.
noch weiter auf kunstrezeptorische Fragen ausgedehnt haben - im eigenen Atelier, abgeschottet von der Umwelt,ganz der eigenen 'Idea' verpflichtet und ausgesetzt,arbeitete.
Quasi eingeschlossen im schützenden, selbstgestalteten Raum - in einer ureigens geschaffenen „Kunst-blase“ die zugleich abschottet und lntimität und Schutzgewährt.
Text: Werkmonografie "Axel Staudinger", Dr. Michaela Preiner, Graz 1997